
Neue Studie zur Wirkung von Frauen-Netzwerken in Unternehmen
Ausgerechnet gut gemeinte Frauen-Netzwerke können Ungleichheit verstärken.

Frauen-Netzwerke gelten in vielen Unternehmen als zentrale Maßnahme, um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Eine neue Studie von Prof. Dr. Karin Kreutzer (EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Deutschland), Patricia Hein (Ivey Business School, Kanada) und Maikki Diehl (Aalto University, Finnland) zeigt: Ob solche Formate tatsächlich Empowerment fördern oder unbeabsichtigt bestehende Ungleichheiten verfestigen, hängt entscheidend von ihrer Gestaltung ab.
Die Studie, die kürzlich im Journal of Management veröffentlicht wurde, basiert auf einer dreijährigen qualitativen Untersuchung. Die Autorinnen beobachteten 40 Frauen-Netzwerktreffen in Deutschland und Großbritannien, führten 75 Interviews mit Teilnehmerinnen und Organisatorinnen und werteten umfangreiche Sekundärdaten aus.
Drei Bedeutungen von Netzwerken
Ein zentrales Ergebnis der Studie: Frauen verbinden mit frauenspezifischen Netzwerken drei unterschiedliche Bedeutungen – statusgetrieben, instrumentell und expressiv. Welche dieser Bedeutungen dominiert, wird maßgeblich durch organisationale Rahmenbedingungen geprägt.
„Viele Unternehmen wollen mit Frauen-Netzwerken Gleichstellung fördern. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass diese Initiativen schnell kontraproduktiv wirken können, wenn sie vor allem darauf abzielen, Frauen an bestehende – häufig männlich geprägte – Praktiken anzupassen“, erklärt Karin Kreutzer.
Das Paradox gut gemeinter Gleichstellung
Besonders kritisch bewerten die Autorinnen ein paradoxes Muster: Obwohl Unternehmen Gleichstellung betonen, reproduzieren sie durch bestimmte Netzwerkformate subtile Formen von Diskriminierung. In der Forschung wird dies als „benevolent sexism“ bezeichnet – eine scheinbar wohlwollende Haltung, die Frauen als schutzbedürftige Empfängerinnen von Unterstützung adressiert und kollektives Handeln eher bremst als stärkt. Statt strukturelle Ungleichheiten zu hinterfragen, geraten Frauen so in die Rolle derjenigen, die sich an bestehende Macht- und Karrierelogiken anpassen sollen.
Wann Frauen-Netzwerke wirken
Die Studie zeigt zugleich, unter welchen Bedingungen Frauen-Netzwerke ihr Potenzial entfalten können. Erfolgreich sind sie insbesondere dann, wenn:
- sie auf konkrete Ergebnisse ausgerichtet sind statt auf symbolische Sichtbarkeit,
- sie zukunftsorientiert arbeiten und nicht vermeintliche Defizite adressieren,
- sie Hierarchien abbauen, sodass Frauen die Formate eigenständig prägen können.
„Netzwerke sind kein Reparaturinstrument für individuelle Defizite, sondern können Vehikel für strukturellen Wandel sein – wenn Unternehmen bereit sind, Kontrolle abzugeben und eine unterstützende Rolle im Hintergrund einzunehmen“, so Kreutzer. Frauen-Netzwerktreffen können wertvolle Instrumente für Empowerment und beruflichen Aufstieg sein. Voraussetzung ist jedoch, dass sie nicht als gut gemeinte „Hilfe“ verstanden werden, sondern als Raum, um diskriminierende Strukturen sichtbar zu machen und zu verändern.







