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Neue Professur für Recht der Digitalisierung: Dr. Dr. Hanjo Hamann im Interview

11.04.2022

Seit Anfang April verstärkt Dr. Dr. Hanjo Hamann die EBS Law School und übernimmt die Professur für das Recht der Digitalisierung. Wir haben mit ihm gesprochen:

EBS: Herzlich Willkommen an der EBS Universität! Zum April haben Sie die Professur für Recht der Digitalisierung angetreten. Möchten Sie sich einmal kurz vorstellen?

 

Hamann: Ich habe in Heidelberg und Hamburg Jura studiert und nebenher Psychologie-Vorlesungen belegt. Schon im Studium interessierten mich die Digitalisierungsaspekte des Rechts: Ich engagierte mich als IT-Direktor des europäischen Jurastudierendenvereins (ELSA) und dachte beispielsweise über das „Recht der Internet-HV“ nach, also die Digitalisierung von aktienrechtlichen Hauptversammlungen. In einer Zeitschrift schrieb ich damals: „Nur eine Frage bleibt weiterhin ungeklärt: Wie steht es um die rein virtuelle Hauptversammlung?“ Das war 2006, aber auf die Antwort musste ich noch warten, bis COVID uns 2020 die ersten virtuellen Hauptversammlungen bescherte. In der Zwischenzeit hatte ich das Studium beendet, war in den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften promoviert worden und hatte einen Masterabschluss im Silicon Valley erworben. Dabei war die Digitalisierung für alle Stationen meines bisherigen Werdegangs wichtig und sie bescherte mir unverhoffte Einblicke in Nachbardisziplinen wie die digitalen Geisteswissenschaften („digital humanities“).

 

EBS: Sie forschen an der Schnittstelle zwischen Recht und Wirtschaftswissenschaften. Wo liegen Ihre thematischen Schwerpunkte?

 

Hamann: Die Schnittstelle zwischen Rechts- und Wirtschaftswissenschaften habe ich im Promotionsstudium an einem interdisziplinär ausgerichteten Max-Planck-Institut für mich entdeckt. (Dort lernte ich auch meinen jetzt-wieder-Kollegen Emanuel Towfigh kennen, der inzwischen ein fabelhaftes Lehrbuch zu diesen Fragen herausgibt.) Für meine Doktorarbeit untersuchte ich damals, welchen Mehrwert die Erkenntnisse der Verhaltensökonomik (behavioral economics) und der empirischen Rechtsforschung für das Verständnis des deutschen Gesellschaftsrechts haben könnten. Allgemeinere Anschlussfragen untersuchte ich später mit den Methoden der empirischen und experimentellen Mikroökonomik und fasste meine Studien in einer Doktorarbeit unter dem Titel Behavioral Second-Order Strategies („Verhaltensstrategien zweiter Ordnung“) zusammen. Aktuell orientiere ich mich auch in Richtung der betriebswirtschaftlichen Forschung und plane gemeinsam mit einem Kollegen eine interdisziplinäre Tagung zu den Wechselwirkungen zwischen der Marketing- und Handelsforschung und dem besonderen Schuldrecht (Vertragsrecht). Daneben gehören aber auch die neuere Rechtsgeschichte, Gesetzgebungslehre, empirische Rechtsforschung und Rechtskorpuslinguistik zu meinen Forschungsinteressen, und ich arbeite an einem Buch über den Rechtsbehelf der „Minderung“ im besonderen Schuldrecht.

 

EBS: Ein Blick in die Zukunft: Auf welche Herausforderungen muss sich die Rechtswissenschaft hinsichtlich der Digitalisierung gefasst machen?

 

Hamann: Das ist, mit Günter Grass gesprochen, ein weites Feld. Mir fällt kein juristischer Berufszweig ein, den die Digitalisierung unberührt lassen wird. Über alle Rechtsberufe hinweg verändern sich die Anforderungen – und damit die Fähigkeiten, die man von angehenden Jurist:innen erwarten wird. Erst gestern war ich auf einer Tagung über „Die Lehre der Digitalisierung in der Rechtswissenschaft“, auf der Richter:innen, Anwält:innen und Wissenschaftler:innen über die vielfältigen Veränderungen aufgrund der Digitalisierung berichtet haben. Davon interessieren mich vor allem die wachsende Bedeutung neuerer Rechtsgebiete (etwa des Urheberrechts) und ihre Rolle für die Zugänglichkeit juristischer Texte. Denn aktuelle informatische Anwendungen wie das maschinelle Lernen und die sog. künstliche Intelligenz sind vor allem: Datenhungrig. Als Jurist:innen müssen wir sehr genau hinschauen, welche Daten dafür zur Verfügung stehen und wie sie verwendet werden – sonst sind die Ergebnisse solcher Prozesse unnütz, aber gefährlich. Garbage in, garbage out, wie die Statistiker sagen. Ansonsten interessieren mich vor allem die Potentiale digitaler Fachdidaktik und die Frage, wie wir Jurastudierenden ausreichend Digitalkompetenz (digital literacy) vermitteln, damit wir in Zukunft keine Schlagzeilen mehr lesen müssen wie „Some Lawyers Are Unacceptably Bad With Technology“. (Das kam gerade vor einer Woche.)

 

EBS: Sie kommen vom Max-Planck-Institut für Gemeinschaftsgüter in Bonn. Was reizt Sie, an der EBS zu forschen und zu lehren?

 

Hamann: Ich war genau zwölf Jahre am MPI tätig bzw. affiliiert. Das ist eine hervorragende und sehr inspirierende Umgebung für die Forschung. Allerdings haben Max-Planck-Institute keine Studierenden, deshalb kann man dort nur ganz eingeschränkt unterrichten. Ich habe zwar immer wieder Lehraufträge an staatlichen Universitäten wahrgenommen – etwa in Berlin (FU), Bonn, Gießen, Mannheim sowie im Ausland. Aber das war eher punktuell, da fehlte mir die Möglichkeit, ein in sich stimmiges Lehrportfolio zu entwickeln, verschiedene Veranstaltungsformate zu bespielen und Studierende über längere Zeit und verschiedene Themen hinweg zu begleiten. Diese Möglichkeiten bietet mir die EBS, und ihr sequenziertes Lehrmodell sowie der Digitalisierungsschwerpunkt sind einmalige Angebote, zu denen ich sehr gern beitragen möchte.

 

EBS: Worauf freuen Sie sich am meisten in Ihrer neuen Position an der EBS?

 

Hamann: Die Studierenden. Ich beschäftige mich schon länger mit der juristischen Fachdidaktik – also der Wissenschaft vom guten Lehren – und habe für meine Kurse einige Lehrformate geplant, von denen ich überzeugt bin, dass sie Studierenden einen nachweis- und spürbaren Mehrwert bringen, den Lehrbüchern allein ihnen nicht bieten könnten. Außerdem sind die EBS-Studierenden über die Grenzen von Wiesbaden hinaus dafür bekannt, engagierter und motivierter mitzuarbeiten als die Studierenden anderer Hochschulen. Das werden also spannende Diskussionen, hoffe ich.

 

EBS: Was hat Sie als Abiturient dazu bewogen, Jura zu studieren?

 

Hamann: Genaugenommen war ich nie Abiturient, weil ich meinen Schulabschluss an einer internationalen Schule gemacht habe. Dort wurden viele Hausaufgaben im „Essay“-Format aufgegeben, also als schriftliche Hausarbeiten, in denen es auf argumentative Kohärenz, investigative Neugier und kreativen Umgang mit Sprache ankam. Dieses wissenschaftliche Propädeutikum hat mir viel Spaß gemacht und legte letztlich zwei Berufsrichtungen nahe. Von diesen beiden war mir das journalistische Berufsbild dann aber doch zu diffus. Auch zu hektisch.

 

EBS: Zu guter Letzt: Was treibt Sie privat an?

 

Hamann: Ich betätige mich ehrenamtlich in der Studienstiftung des Deutschen Volkes, die mein Studium gefördert hat, und engagiere mich seit dem Studium auch für Kinder und Jugendliche – zuletzt im internationalen Kinderhilfswerk Kiwanis, einem sog. Service Club. Ich reise gern und fröne dem Wassersport. Auf dem Land dagegen spüre ich gern dem Humor im Recht nach, schreibe satirische Glossen – und Computerprogramme, die mir das Leben erleichtern. Was war noch? Ach ja: Architektur, Science Fiction, und meine Lieblingsschriftart ist Alegreya.

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